Eine seltsame Saison ist eben zu Ende gegangen. Auf und neben dem Platz war so einiges los, was eine nähere Betrachtung verdient hat. Also versuchen wir mal die Eindrücke des letzten Jahres zusammen zu fassen.
Fakten:
Platz 3 in der Bundesliga
DFB Pokal Sieg
Champions League Viertelfinale
Auf dem Platz:
Betrachtet man die Saison Bilanz nüchtern, kann man sagen dass es sicher wettbewerbsübergreifend durchaus eine gute Saison war. In der Bundesliga landete man auf Platz 3. Das reiht sich nahtlos in die Bilanz der letzten 10 Jahre ein, in denen man mit Ausnahme von 14/15 (Platz 7 und Europa League Qualifikation) immer die Liga auf Platz 1 bis 4 beenden konnte und jeweils in die Champions League einzog.
CHECK!
Mit einem 4:1 Sieg gegen die Dosen aus Leipzig gewann man den DFB Pokal. Auch hier bewegt man sich im üblichen Rahmen der letzten 10 Jahren. In diesem Zeitraum stand man 6 Mal im Finale und gewann den Pokal schließlich 3 Mal. CHECK!
In der Champions League erreichte man das Viertelfinale, bevor man gegen Abu Dhabi City ausschied. Wohlgemerkt gegen jenen Club, der eigentlich wegen Verstöße gegen das Financial Fairplay von der Champions League ausgeschlossen wurde! Und auch hier bewegt man sich im üblichen Zehnjahresschnitt. 3 Mal stand man in Viertelfinale, 3 Mal im Achtelfinale, 1 Mal im Finale. Lediglich 17/18 war schon nach der Gruppenphase Schluss.
CHECK!
Und dennoch war es „gefühlt“ eine komische Saison. Dies lag nicht nur an den äußeren Umständen durch die ganze Corona Situation. Was sich durch die Saison zog, war die fehlende Konstanz und ein unerklärliches Auf und Ab, welche von Woche zu Woche das Runzeln auf die Stirn meißelte. Auf spektakuläre Spiele folgten meist postwendet unerklärliche Niederlagen. Besonders gegen Teams aus dem unteren Tabellenspektrum stellte man sich unfassbar dämlich an. Ein riesiger Ballbesitzanteil mündete in aller Regel in hilflose Harmlosigkeit. Man hatte das Gefühl, die Spieler würden sich auf dem Platz selbst einschläfern. Dazu gesellte sich eine unglaubliche Naivität und Unfähigkeit bei Standartsituationen. Selbst offensiv unterirdische Mannschaften wurden zum Tore schießen eingeladen. Die Borussia wandelte im Einheitstempo über den Platz und ließ alle Leidenschaft vermissen. Als man dann am 11. Spieltag vom Aufsteiger aus Stuttgart zu Hause mit 1:5 gedemütigt wurde, bahnte sich das Unvermeidliche an. Man rutschte auf Platz 5 und Aki Watzke zog die Reißleine. Kurz vor Weihnachten musste Lucien Favre seinen Hut nehmen. Wann immer der BVB aus den Champions League Plätzen rutscht, schrillen unmissverständlich die Alarmglocken.
Edin Terzic sollte es nun richten. Der Co mit dem BVB Herz sollte den taumelnden Riesen wieder auf die Beine helfen. Doch zunächst schien sich wenig zu ändern. Die einzige Konstanz, war die Inkonstanz. Man fegte die Dosen aus Leipzig vom Platz, um am nächsten Spieltag gegen den vorletzten Mainz sich erneut selbst ins Bein zu schießen. Nach der Niederlage gegen Leverkusen rutschte man gar auf Platz 7. Die Champions League Plätze waren in weite Ferne gerückt und realistisch nicht mehr zu erreichen. Es schien, dass selbst Edin Terzic kein Mittel gegen die bleierne Lethargie der Mannschaft findet. So nahm man das Telefon in die Hand und klingelte mal bei Pony Chef-Dompteur Marco Rose durch. Auf Max Eberls Konto wurden 5 Mio. überwiesen und Marco Rose als neuer Trainer für die kommende Saison präsentiert. Und siehe da, prompt fand Terzic in der tristen Borussen Kabine den Schalter, mit dem er der Mannschaft neues Leben einhauchte. Offenbar hing dort noch ein altes müffelndes Handtuch drüber, weshalb man ihn die ganze Zeit übersehen hatte. Plötzlich spielte man zielstrebigen und effektiven Fußball. Schönheit gepaart mit leidenschaftlichen Einsatz. Schnelle Kombinationen und konsequenten Abschlüssen. Man wehrte sich und ergab sich nicht mehr in sein Schicksal. Gegen Sevilla zeigte man alle Tugenden, die sich man von einer Borussen Mannschaft wünscht. Fast konnte man sich in bessere Zeiten versetzen, die wohl nie wieder kommen würden. Auf dem Platz konnte man Leidenschaft und Spielwitz erkennen. Jadon Sancho wirbelte wieder durch die Abwehrreihen. Marco Reus fand die Leichtigkeit wieder und öffnete mit seinen Pässen die nötigen Lücken. Der norwegische Siegfried stampfte mit gewaltigen Schritten über das gesamte Spielfeld. Wer ihm folgen konnte, prallte spätestens beim ersten Körperkontakt mit dem Hünen aus dem Norden ab wie eine Flipperkugel. Unter einem Doppelpack machte es Erling Haaland selten. Der 17 jährige Bellingham ackerte im Mittelfeld, als würde er das schon seit 10 Jahren in der Bundesliga tun. Selbst Mo Dahoud war nicht wieder zu erkennen. Hatte er in den letzten Jahren immer seinen unbegabten Zwillingsbruder zum Training geschickt? Im letzten Drittel der Saison haute man noch mal alles raus und erreichte tatsächlich noch die Champions League Plätze. Auch mit freundlicher Unterstützung der Eintracht, die auf der Zielgeraden kollabierte.
Wenn man nun nach dieser Saison Bilanz zieht, muss man sich unweigerlich die Frage stellten – warum nicht gleich so? Wir alle wissen wozu diese Mannschaft im Stande ist zu leisten. Unfassbar gute Fußballer, denen es ein Vergnügen ist ihnen an guten Tagen zuzusehen. Allerdings konnte man dies nur im letzten Drittel der Saison zeigen. Das heißt auch, zwei Drittel der Saison hat man absolute Grütze gespielt. Dass man dennoch auf Platz 3 landete, zeigt was eigentlich alles möglich gewesen wäre. Vermutlich hätte es wieder nicht gereicht, um den Bayern die Meisterschaft streitig zu machen. Aber man hätte ihnen wenigstens das Leben schwer machen können.
Neben dem Platz:
Die Corona Pandemie lag über Allem. Die komplette Saison (bis auf wenige Ausnahmen zu Beginn der Spielzeit) fand ohne Zuschauer statt. Eine unwirkliche Stille legte sich über die Stadien der Republik. Jedes Bundesliga Spiel hatte die Atmosphäre eines Kreisklassen Kicks auf dem Dorf. Traineranweisungen hallten durch die Arenen. Selbst das Klicken der Kameraauslöser anwesender Fotoreporter konnte man vernehmen. Für den gemeinen Fußball Konsumenten vor dem Fernseher mag das halb so wild gewesen sein. Wer nicht regelmäßig die Stadionatmosphäre aufsaugt, kann wohl gut damit leben. Aber für alle anderen ist Fußball ohne Zuschauer im Stadion eine Zumutung. Mir macht es jedenfalls keinen Spaß. Mehr gibt es eigentlich zu diesem Thema nicht zu sagen. Es bleibt die Hoffnung, endlich mal wieder Fußball zu erleben, wie er sein sollte.
Für das anschwellen der Hauptschlagader sorgte wieder einmal der unsägliche Video Assisted Referee. Eigentlich kommt man aus dem Kopf schütteln gar nicht mehr raus. Der Fußball überprüft sich zu Tode! Warum weiß meist keiner so recht. Mal greift er ein, mal nicht. Zehenspitzen entscheiden über Abseits oder nicht. Hand ist wenn der Schiedsrichter pfeift, oder der VAR überprüft, oder der VAR es zurück nimmt, oder wenn Vollmond ist und gleichzeitig der Mars in Aszendenz mit Uranus liegt. Aber vielleicht wird im Kölner Keller auch nur gewürfelt. Bei einer 6 meld ich mich mal, bei einer 1 geh ich über Los. Minutenlang schaut man sich Kameraeinstellungen an und trifft dann trotzdem die falsche Entscheidung. Und manchmal reicht auch gehörtes „Plop“ für eine Schiedsrichter Entscheidung. Wenn der Videoassistent ratlos ist, kommt es auf das Gehör an. Hör mir doch auf! Der VAR macht nichts gerechter! Jetzt wird man halt von VAR anstatt dem Schiedsrichter beschissen. Bitte schafft der VAR wieder ab. Mit Schiedsrichter Fehlentscheidungen kann ich leben, mit VAR nicht!
Und dann war da ja noch die „European Super League“. Die Mischung aus Gier und Verzweiflung gebar ein hässliches Kind namens ESL. Die europäische Club Prominenz hat genug vom einfachen Fußball Pöbel. So beschloss man einfach unter sich zu bleiben. Die Dollarzeichen blitzen in den Augen der „dirty dozen“. Dabei waren die Motive der Clubs durchaus unterschiedlich. Während die „big six“ aus der Premier League einfach nur noch mehr Geld scheffeln wollten, sahen die spanischen und italienischen Clubs die ESL einfach als nötige Geldtransfusion für ihr überschuldetes Geschäftsmodel, dem dies neues Leben einhauchen sollte. Bemerkenswert ist, dass aus Italien und Spanien eigentlich sich kaum Empörung zu vernehmen war. Offensichtlich hat man sich dort mit solchen Dinge schon resignierend abgefunden. Ausgerechnet in der Premier League regte sich Widerstand. Hier war man sich sicher, dass man mit dem unverhohlenen Neo Kapitalismus längst der Fußballkultur den Gar aus gemacht hatte. Aber dann platze selbst den Engländern der Kragen und sie trugen den Protest vor die Stadien. Und es dauerte keine 48 Stunden, schon machten die englischen Clubs einen Rückzieher. Schon war es wieder vorbei mit der ESL. Zurück blieben unsere südeuropäischen Freunde, die nun mit herunter gelassenen Hosen da standen. Trotzig mit den Füssen aufstampfend, schmollt man nun erstmal beleidigt in der Ecke. Aber was vielleicht noch viel schlimmer war, dass sich die UEFA nun plötzlich als Retter des Fußballs hinstellen konnte. Wirklich, die UEFA? Und sie meinten es tatsächlich ernst. Jene UEFA, die am gleichen Tag ihre Champions League Reform verabschiedete. Eine Reform, die an Ironie nicht zu überbieten ist. Um die langweilige Gruppenphase interessanter zu machen, erhöht man die jeweiligen Vorrundenspiele von 6 auf 10. Verstehe, wer jetzt schon kein Spinat mag, kriegt noch einen Nachschlag. Insgesamt wird es 100 zusätzliche Champions League Spiele geben. Das macht doch die Sache bestimmt interessanter. Und wer zu dämlich ist sich für die Champions League zu qualifizieren, bekommt ne Wild Card. Ne is klar, UEFA der Retter des Fußballs!
Und da wäre ja noch unser lokaler Korruptionsverein, der Deutsche Fußball Bund. Der größte Sportverband der Welt lässt keine Gelegenheit aus sich inkompetent, unseriös und dilettantisch darzustellen. Machtspielchen, internes Mobbing und Postengeschacher bestimmen den Verband. Undurchsichtige Finanzdeals und Beraterverträge prägen die letzten Jahre. Peinliche Aussagen und Beleidigungen schienen den Umgang zu bestimmen. Nachdem die Leistungen der Nationalmannschaft, sich den internen Verbandsgepflogenheiten angepasst haben zu scheinen, herrscht pure Panik. Das Stühle rücken der immer gleichen Personen, ist sicherlich nicht die Lösung. Solange man in der DFB Zentrale in Frankfurt nicht mal ordentlich durchfegt, wird sich hier wohl kaum was ändern. Aber mal ehrlich, mir ist das ohnehin längst egal. Die Nationalmannschaft spielt für mich schon lange keine Rolle mehr. Schönen Dank und viele Grüße an die „Mannschaft“ und den Coca Cola Fanclub!
Fazit:
Uff, war doch ne Menge los. Kam mir eigentlich gar nicht so vor. Aber wenn man die Saison mal so Revue passieren lässt, merkt man, dass es schon einige Themen gab, die es Wert waren noch mal unter die Lupe zu nehmen. Sportlich hat man gerade noch mal die Kurve bekommen. Die äußeren Umstände wurden durch Corona geprägt. Bleibt die Hoffnung, dass es zur neuen Saison besser wird. Das man wieder leibhaftig ins Stadion kann. Aber wer weiß schon wie das alles weiter geht. Haltet die Ohren streif, bleibt gesund und hoffentlich können wir uns bald wieder beim Torjubel um den Hals fallen.